Thousands of parcels pass through logistics centres every day. What will logistics innovation look like in the future?
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Logistik Innovation: Wie Pakete schneller zum Kunden kommen

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Der steigende Online-Handel führt unweigerlich zu steigenden Paketsendungen. Dabei verlaufen die Sendungen nicht nur in eine Richtung vom Händler zum Empfänger, sondern häufig auch retour. Dadurch entsteht ein enormer Druck auf die Logistik.

Zwar baut das Geschäftsmodell der Online-Händler darauf auf, dass empfangen generell angenehmer ist als zurückgeben, dennoch schicken allein in Deutschland Online-Shopper eine dreistellige Millionenzahl an Paketen zurück. Besonders hoch ist dabei die Rücklieferquote im Modebusiness, diese lag beispielsweise bei Zalando über alle Sparten hinweg durchschnittlich bei 50 Prozent, berichtete das Unternehmen.

Die Grafik zeigt, wie viele Pakte in den Jahren 2011 bis 2017 befördert wurden. Die Tendenz ist steigend.
Grafik: eigene Darstellung. Quelle: Statista.

Die Lieferwagenflotte der Post sowie von UPS, DHL oder Fedex, welche die Pakete der Online-Händler zum Kunden bringen, wächst; und damit wächst auch der Stau auf den ohnehin schon überlasteten Strassen. Durch den offiziellen Markteintritt Amazons in der Schweiz und die Kooperation mit der Schweizerischen Post hinsichtlich Zoll- und Steuerabwicklung steht nochmals ein Vielfaches mehr an Artikeln für Schweizer Kunden zu Verfügung. Erfahren Sie in diesem Artikel mehr darüber, wie Amazon den Detailhandel erobern will.

Zudem werden die Konsumenten immer anspruchsvoller, möchten ihre Bestellung noch am gleichen Tag abholen oder geliefert bekommen. Die Händler stehen vor der Herausforderung, ihre Logistik auf diese veränderten Bedingungen hin anzupassen. Wer diese Logistik nicht beherrscht, geht auch mit dem attraktivsten Online-Shop nicht auf Wachstumskurs.

Doch Logistik ist materialintensiv, verlangt nach bedeutenden Investitionen beispielsweise für Lagerhallen, Lieferwagen oder Verteilerzentren. Alternativ bieten sich Kooperationen an, so wickelt Brack.ch in seinem Competec-Logistikzentrum in Willisau nicht nur seine eigene Logistik ab, sondern auch die seiner Konkurrenten. Natürlich möchten die traditionellen Transporteure bei dieser Frage ganz vorne mitmischen, denn schliesslich geht es um den Erhalt ihres Kerngeschäfts. Zeitgleich drängen Startups mit innovativen Ideen auf den Markt. Im Folgenden stellen wir verschiedene Ansätze und Konzepte vor, wie sich dieses Logistikproblem in den Griff bekommen lässt.


Intelligente Briefkästen erleichtern die Paketzustellung

 

Dieses Problem ist vielen bekannt, aber schwer zu vermeiden: Bedingt durch die Überschneidung von Arbeits- und Lieferzeiten, werden Pakete häufig geliefert, wenn man nicht zu Hause ist. Dies ist umständlich für den Empfänger, denn er muss den Umweg zur Post in Kauf nehmen, um das Paket abzuholen. Ebenso ist es ärgerlich für den Zusteller, der wertvolle Zeit durch Warten oder den anschliessenden Umweg zur Post verliert. Und auch die Poststelle gerät unter Druck, wenn nach Feierabend ein kaum zu bewältigender Andrang von Packetempfängern herrscht, die ihr Päckchen abholen möchten. Um dieses Problem zu lösen, testet DHL in Deutschland seit ein paar Jahren intelligente Paketkästen.

Das Prinzip ist relativ einfach: Sowohl Empfänger als auch DHL-Zusteller können mittels eines RFID Chips oder Handscanners (letzteres nur für Zusteller) auf den entsprechenden Paketkasten zugreifen und Pakete hineinlegen oder herausnehmen. So können Lieferungen problemlos und sicher abgegeben werden, auch wenn der Empfänger nicht im Haus ist. Von dieser Lösung profitieren nicht nur Sender und Empfänger, auch für die Briefkästenhersteller ergibt sich hier ein lukratives neues Geschäft und die Chance, als Vorreiter im Bereich Logistik Innovation zu agieren. Damit das Angebot einigermassen übersichtlich bleibt, debattieren die grossen Anbieter derzeit über einheitliche Normen. Trotzdem zeigt sich DHL bisher nicht bereit, die eigenen Kästen für die Konkurrenten zu öffnen. Auch die Schweizerische Post kündigte vor etwa zwei Jahren einen Pilotversuch an mit 200 Testkunden, legte dann aber die Pläne plötzlich auf Eis.


Warenverkehr in unterirdischen Hubs soll verstopfte Strassen entlasten

80 % des Güterverkehrs in der Schweiz laufen über die Strasse. Stau ist an der Tagesordnung. Verstopfte Strassen oder Verspätungen erhöhen automatisch die Kosten der Händler, die traditionell mit geringen Margen kämpfen. Um dieses Problem anzugehen, engagieren sich Coop wie auch Konkurrentin Migros für das Projekt "Cargo sous terrain". Mit dem Projekt haben sich die beiden Detailhändler und ihre Kooperationspartner ehrgeizige Ziele gesetzt, um die Engpässe auf Autobahnen, Schienen und städtischen Strassen langfristig abzubauen. In weniger als 30 Jahren will Cargo sous terrain ein automatisiertes Gesamtlogistiksystem realisieren mit wirtschaftlichem, aber auch ökologischem Nutzen. Der Warenverkehr wird über die so genannten unterirdischen Hubs abgewickelt. In einer Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h sollen die Waren von einem Hub zum anderen befördert werden. Ein erstes Teilstück von 67 Kilometern, eine Verbindung vom Post-Paket-Zentrum in Härkingen in die Zürcher Innenstadt, könnte theoretisch schon 2030 in Betrieb gehen. Die letzten Teilstrecken der Lieferung werden dann wieder auf traditionellem Weg über Post und andere Zusteller übernommen.


Logsitik Innovation von Startups

 

Für Startups bietet der Logistikbereich viele Möglichkeiten zur Entwicklung von innovativen Konzepten. Das deutsche Startup Pakadoo etwa nimmt sich dem bereits erläuterten Problem an, dass Pakete meist dann zugestellt werden, wenn man nicht zu Hause ist. Mit Pakadoo kommt die bestellte Ware dort an, wo man sich tagsüber sowieso aufhält: beim Arbeitgeber. Das Startup koordiniert über die Pakadoo-Software und die Pakadoo-Service-Plattform die Lieferungen so, dass sie "als privat gekennzeichnet" am betrieblichen Pakadoo-Point angeliefert werden. Der Empfänger bekommt eine Online-Meldung und kann sein Paket abholen. Voraussetzung für dieses Geschätsmodell ist jedoch die Bereitschaft des Arbeitgebers, die Anlieferung von Privatpaketen als "Mitarbeiterbenefit" anzubieten und entsprechende Pakadoo-Points einzurichten. Dies lohnt vor allem bei Grossunternehmen. Im April hat beispielsweise die Deutsche Bahn nach einer Pilotphase an sechs Standorten deutschlandweit den Pakadoo-Service eingeführt. Damit will die Bahn einen Beitrag zur Work-Life-Balance ihrer Arbeitnehmer leisten. Ein weiterer positiver Effekt ist die damit verbundene Bündelung von Zustellfahrten der Paketdienste. Das entlastet den Verkehr und reduziert CO2-Emissionen. 

Auch das Schweizer Startup Annanow nimmt sich der Thematik der Lieferungen auf der letzten Meile an. Während die Machbarkeit und Rentabilität von "Same-Day-Delivery" noch heiss diskutiert wird, ermöglicht Annanow bereits die Lieferung von Paketen innerhalb von 60 Minuten - "One-Hour-Delivery" sozusagen. Dies funktioniert durch das dahinterstehende Crowd-Prinzip: Jeder, der ohnehin in der Stadt unterwegs ist, kann Sendungen abholen. Man muss sich aber vorher beim Unternehmen persönlich vorstellen und registrieren. Der Paketheld kann spontan entscheiden, ob er die Lieferung übernehmen möchte. Pro Abholung zahlen die Schweizer Kunden zwischen 10 und 25 CHF je nach Lieferradius. Der Kunde bestellt die gewünschte Ware im entsprechenden Shop, welcher die Lieferung über Annanow abwickeln lässt. Annanow kümmert sich hierfür um die Anbindung ihrer Software ins IT-System des Shops, wobei der Service bisher nur in Städten möglich ist. Die Kurriere nehmen den Auftrag über die Annanow App an und holen die Sendung zeitnah im Shop ab. Die App begleitet den Kurrier durch den gesamten Lieferprozess. Mit Crowdsourcing beim Paketversand experimentiert auch der deutsche Logistikriese DHL bereits seit einiger Zeit: Über die Plattform "MyWays" können Empfänger freie Amateur-Boten damit beauftragen, ihre Pakete bei Service-Punkten von DHL abzuholen.


Gerät die Schweiz ins Hintertreffen?

 

In der Schweiz gibt es einige Bestrebungen, neue Konzepte und Logistik Innovation zu entwickeln. Beispielsweise ist die SBB schon seit längerem in Sachen Digitalisierung aktiv und arbeitet mit verschiedenen Startups zusammen. Branchenführer Kühne + Nagel engagiert sich seit 2016 beim Start-up-Bootcamp "Smart Transportation & Energy", an dem sich auch SBB Cargo beteiligt. Mit dieser Kooperation will sich Kühne + Nagel mit jungen Unternehmen austauschen, um für das eigene Kerngeschäft Innovationsimpulse zu sammeln. Dennoch sind solche Initiativen eher rar in der Schweizer Logistikwirtschaft und ein allgemeines Umdenken erfolgt langsam. Der Austausch innerhalb der Schweizer Logistikszene ist eher spärlich, was sich mit der Zeit auf die Wettbewerbssituation auswirken wird.

Im Sommer 2018 hat die Schweizerische Post Drohnen-Testflüge lanciert in Kooperation mit dem global agierenden US-Unternehmen Matternet. Die Post probiert gemäss eigenen Angaben als eines der ersten Unternehmen weltweit die autonome Drohnenlogistik für eine kommerzielle Anwendung aus. Obwohl die Drohne in Europa noch Akzeptanzschwierigkeiten hat, gibt es durchaus Befürworter, die bereit sind, für einen extra schnellen Drohnenservice tiefer ins Portemonnaie zu greifen. Besonders ausgeprägt zeigt sich das in der Schweiz. In einer Befragung im Rahmen der Studie "Cross- & Omni-Channel-Management" sagen 17 Prozent der hierzulande Befragten, dass sie 10 Euro für eine Drohnenlieferung bezahlen würden, 5 Prozent würden 15 Euro akzeptabel finden und 9 Prozent würden gar 20 Euro hinlegen. Skeptischer zeigen sich hingegen die Händler. Laut Galaxus liegt die Hürde in der fehlenden Flugregulierung; allenfalls gebe es Chancen für Drohnenflüge in ländlichen Gegenden. Auch für Coop@home oder Microspot sind Drohnen noch kein Thema.

Die Grafik zeigt, wie viel die Befragten für eine Drohnenlieferung bezahlen würden.
Grafik: eigene Darstellung. Quelle: Studie "Cross- & Omni-Channel-Management"

Ein weiterer sinnvoller Ansatz, um das Logistikproblem in den Griff zu bekommen und die Strassen zu entlasten, ist die Schaffung von Konsolidierungshubs ausserhalb der Innenstädte. Pakete werden zentral dorthin versendet und anschliessend gemeinsam ausgeliefert. In China ist es mancherorts bereits so weit. Dort gibt es Städte, die die Verantwortung für die Zustellung exklusiv einem Unternehmen übertragen haben. DHL entwickelte für den Flughafen Heathrow in London ein solches Konsolidierungszentrum. Alle Warenströme kommen dort zusammen, bevor sie weiterverteilt werden. Markus Kückelhaus, Vizepräsident Innovation und Trendresearch bei der Deutschen Post DHL Group, bringt diese Entwicklung so auf den Punkt: Längerfristig brauche es wohl eine solche "Orchestrierung der urbanen Belieferung". Logistikdienstleister müssen sich aktiv mit den neuen Gegebenheiten auseinandersetzen, indem sie neue Konzepte entwickeln, in denen sie sich die Digitalisierung als Teil Ihres Geschäftsmodells zu Nutze machen. Sei es lediglich im Bereich von Prozessverbesserung oder einen Schritt weiter durch die Entwicklung neuer innovativer Leistungsangebote und damit die Schaffung neuer Möglichkeiten der Monetarisierung.

 

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